Waschbärdompteur

12
Feb

spooky

Seit dem Bruch mit meiner Familie geht es mir in jedem Bereich meines Lebens besser. Ich habe endlich ein eigenes, glückliches Leben ohne permanenten Alarmzustand. Und je mehr Abstand ich zu dieser Geschichte bekomme, desto besser wird mein Leben. Ich vielen Bereichen merke ich, wie ich endlich zur Ruhe komme. Es sind Kleinigkeiten eigentlich, wie zum Beispiel die jüngste Beförderung.

Dass ich mit dem Kapitel tatsächlich abgeschlossen habe, merke ich daran, dass “Familie” tatsächlich so gar keine Rolle mehr spielt. Ich bin endlich frei und zucke beispielsweise nicht mehr bei jedem Telefonklingeln zusammen.

Heute Nacht habe ich von meinem Onkel geträumt. Der Kontakt brach ab, als ich noch ein Kleinkind war und erst vor ein paar Jahren sahen wir uns unregelmäßig bei irgend welchen Familientreffen. Er war ein unbedeutender Fremder für mich, selbst, als mir noch gar nicht bewusst war, wie sehr Familie belasten kann. Er war einfach egal. Jedenfalls träumte ich heute Nacht von ihm, nichts Spektakuläres oder Schlimmes, aber als ich aufwachte, wusste ich, dass er tot ist. Und die Nachricht gerade eben auf dem AB hat mein Wissen bestätigt.

Nun beschäftigt mich schlicht die Frage, ob das so ein Blutistdickeralswasserding ist, was doch eigentlich wenigstens Sympathie oder auch Verbundenheit voraussetzen müsste, oder schlicht ein Ichbinmehrhexealsichdachteding. Etwas, das annähernd an Trauer oder wenigstens Betroffenheit heranreichen würde, fühle ich jedenfalls nicht. Ich kann keine Gefühle für praktisch Fremde empfinden (und das nicht mehr heucheln zu müssen ist ein weiterer entlastender Faktor).

 Februar 12th, 2011  
 Dompteuse  
 Erkärt mir die Welt  
   
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18
Jan

Sprachlos

Ich finde es wirklich gut, dass diese unsere Sprache hoch geschätzt wird und allerorten der Kampf gegen diese bösen, bösen Anglizismen stattfindet.

Um die deutsche (Sprach-)Kultur aufrecht zu halten, wird bereits das Baby von sinnlosem Gebrabbel ferngehalten. Versuchen Sie mal, Dutzi-Dutzi in ein Babykörbchen zu schnurren – Sie werden sicher sofort mit Hinweis auf deutliche Sprache verjagt. Ist auch wirklich gut so, schließlich müssen die Kiddies spätestens im Kindi ordentlich sprechen können. Oder sie bekommen später bei den Hausis Probleme.

Die deutsche Sprache wird aber nicht nur von Eltern und Pädagogen gepflegt. Neulich sprach eine Ernährungswissenschaftlerin zum Thema Gifte im Essen (nein, kein Dioxin. Die ganz, ganz bösen wie versteckter Zucker und so). Feststellung “in Süßis sind am meisten Farbstoffe”. Es war eine Sendung im Spätprogramm. Die Dame war eine Ernährungswissenschaftlerin jenseits des Klimakteriums.

Kürzlich wollte ich eine Info von Kollegin S. Marke selbstgefilzt und handgeklöppelt. Süße 63 Jahre jung. Beim Versuch, Notizen zu machen, kramte sie in ihrer Schublade rum “ich brauche einen Neuen, der alte Filzi ist ausgetrocknet”.

Auch “normale” Menschen legen mittlerweile immer mehr Wert auf ein ordentliches Sprachbild. Vor ein paar Tagen im Zoo-TV, zwei junge Pflegerinnen auf dem Weg zu ihren Äffchen. Sie hatten besondere Leckereien dabei, nämlich Mehlis.

Ganz ehrlich, ich finde es so supi, dass man Anglizismen vermeidet. Hört sich doch nicht schön an, mit dem vielen Ausländisch dazwischen. Wo wir doch so eine supischöne Sprache haben. In diesem Sinne erst mal tschüssi für heute.

 Januar 18th, 2011  
 Dompteuse  
 Am Rande des Blödsinns, Erkärt mir die Welt, Ich glotz TV  
   
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11
Jan

Weltbilder

Damals™, als ich in den Neunzigern Teenager war, gab es viele Lurche, für die Geldverdienen alles war. Außer Geld heranschaffen für sich und natürlich auch für die zutiefst kapitalistischen Ausbeuterbetriebe Arbeitgeber gab es in deren Leben nichts von interesse. Und es gab viele von denen!

Es war nicht so sehr deren Besitzdenken, das mich störte. Vielmehr hatte ich das beängstigende Gefühl, von gefühlskalten Robotern umgeben zu sein, die keinen eigenen Gedanken fassen können und nicht über den Tellerrand hinausblicken können.

Damals™, lange vor meiner Zeit, da gab es noch Kämpfer und Helden! Menschen mit Durchblick und Rückgrad – Ikonen des Freigeistes. Ich war immer neidisch, auf die Generationen vor mir, die mit solchen Werten und Vorbildern aufwuchsen. Hätte mir vor fünf Jahren jemand gesagt, dass die eine bewunderte, unabhängige Denkerin eines Tages für die BLÖD schreibt und der andere, intelligente, tiefsinnige Rebell für eine handvoll Geld in den RTL-Dschungel geht, ich hätte lauthals gelacht.

 Januar 11th, 2011  
 Dompteuse  
 Erkärt mir die Welt  
   
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08
Jan

Pädagogik für Runaways

Wenn der Waschbär sagt, dass er Hosen braucht, bricht mir der kalte Angstschweiß aus. Hosen für einen großen, dünnen Mann sind seltener, als Maiglöckchen im Winter. Klein und dünn gibt es. Groß und fett auch. Aber Waschbärgrößen?

Heute hatten wir allerdings vermeintlich Glück, gleich der erste Ständer war voller Jeans in der richtigen Größe. Wir mussten also erst noch das Anprobieren hinter uns bringen. Damit mir nicht langweilig wurde, setzte sich eine Mutter mit einem hysterisch kreischenden Verhütungsmittel Kind neben mich. Prinzessinnenkostüme gleich neben der Herrenumkleide machen schon Sinn.

Mir fielen spontan diverse Möglichkeiten ein, die Nervensäge abzuschalten das Kind zu beruhigen oder abzulenken. Aber ich bin ja eine Unwissende auf dem Gebiet der Kindererziehung. Der Vater der Kleinen öffnete den Vorhang der Kabine und reagierte dermaßen souverän und pädagogisch wertvoll, dass ich immer noch in Ehrfurcht erstarrt bin:

“Wenn du nicht sofort still bist, gehe ich mit dir zum Arzt. Und der gibt dir dann eine Riesenspritze und das tut ganz arg weh. Sei also sofort still, sonst gehen wir gleich jetzt zum Arzt!”

 Januar 8th, 2011  
 Dompteuse  
 Erkärt mir die Welt, Kaufrausch  
   
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10
Dez

Endlich Krieg

Nachdem ja im November die Bevölkerung ordentlich panisch gemacht wurde, indem allüberall die Warnungen vor islamistischen Anschlägen laut und lauter wurden, blieb am 30.11. um 0.00 Uhr irgendwie ein schales Gefühl. Wie jetzt? alle Mann in Hab-Acht-Stellung gebracht und dann passiert so einfach - nichts?

Glücklicherweise tat Julian Assange uns den Gefallen, die Regierungen dieser Welt mit realen Problemen der Sicherheit zu konfrontieren. Und da wohl das weltweite Adrenalin abgebaut werden musste, schlugen die Regierungen mit Angriffen auf Server und polemischem Gekeife zurück, Banken mischten sich ein – und voilà: endlich ein weltweiter Konflikt! Endlich das Ende der Welt, wie wir sie kennen, in Sicht!

Über das Thema wurde jetzt soviel diskutiert, “Wikileaks” ist mein neues Unwort des Monats geworden. Der CCC hat aber einen wunderschönen Artikel gepostet, den ich Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthalten möchte und mit dem alles gesagt ist.

Übrigens, verschwörungstheoretisch herumspekulieren macht ja außerordentlich Spaß. Und ich bin mittlerweile Vollprofi in Sachen paranoider Wahnvorstellungen – hier also eine weitere Frage, die die üblen Machenschaften von “denen” hinterfragt: Warum wird der Mann für die Vorwürfe, die seit April bestehen, ausgerechnet am 07. Dezember verhaftet – wenn so ziemlich alle webaffinen Menschen in virtuelle Welten abtauchen und somit komplett von der Außenwelt abgeschnitten sind?

 Dezember 10th, 2010  
 Dompteuse  
 Am Rande des Blödsinns, Erkärt mir die Welt  
   
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08
Dez

Gestört

Ich habe da einen Kollegen. Der ist sehr anstrengend. Wie so viele Männer < 1,65 m hat er ein klitzekleines Ego-Problem. Natürlich neben seinen vielen anderen Problemen wie Nachbarschaftsstreit, Stress, Geldsorgen und wasauchimmer. Grundsätzlich ist er der Allerärmste, er hat kein Geld (aber alle anderen), er ist ständig krank (ganz unschuldig) und keiner nimmt ihn ernst (HB-Männchen…). Seine Fingernägel sind bis zum Knochen abgenagt, er hat Migräne, einen nervösen Darm, kann keine zwei Minuten still stehen und nimmt wirklich jeden Infekt mit, der umgeht. Deshalb verbringt  er täglich Stunden mit Jammern und vor allem sich-aufregen. Nun ist das ja theoretisch egal, soll er sein Leben leben wie er mag, es stört ja nicht weiter. Nur, wenn  man schnell was von ihm will und eigentlich keine Zeit hat, dank seiner stundenlangen Jammervorträge aber zu nichts kommt, ist das nervtötend. Leider hat er aber Kinder in die Welt gesetzt. Und es wundert mich überhaupt nicht, dass sein Sohn auf ADHS diagnostiziert wurde.

Ich persönlich glaube nicht, dass jede “Störung” vom Hirnstoffwechsel ausgeht. Ich bin kein Profi, aber jede “Störung”, die ich mitbekommen habe, hatte Ursachen und nach deren Beseitigung war auch die “Störung” weg. [Störung deswegen in Anführungszeichen, weil normalerweise alles, was außerhalb der Norm (was ist schon normal? und wer legt das fest?) stattfindet, eine gesunde Reaktion auf ungesunde Faktoren ist.] Jedenfalls ist “Hirnstoffwechselstörung” ja eine super Sache. Keiner ist “Schuld” an irgendwas, man kriegt tolle Tabletten und alles ist wunderbar. Ganz ohne Anstrengung, ganz ohne Selbstreflexion. So in diesem Falle auch. Der mittlerweile 6jährige, der schon immer verhaltensauffällig war, bekommt seit gut einem Jahr Ritalin und alle sind glücklich. Nur vor kurzem nicht, da hat Papa vergessen, den Sohn morgens unter Drogen zu setzen. War ein ganz anstrengender Tag (der arme Kollege!) und nicht mal ein “wenn du heute brav bist, darfst du heute Abend fernsehen” half.

Unser Neffe musste auch einmal mit ADS-Verdacht zum Gutachter. Der Kleine hatte insofern Glück, als dieser Gutachter eine Koryphäe auf dem Gebiet Kinderpsychologie ist und auch seine Eltern sehr aufgeschlossen sind. Ergebnis: der Kleine hat eine Klasse übersprungen und damit die Grundschule verlassen und seine Mama ist jetzt nach erfolgreicher Psychotherapie endlich bei sich selbst angekommen und ausgeglichen. Alle glücklich. Und keiner kriegt die Synapsen mit Hilfe von Chemie möglicherweise für den Rest seines Lebens verbogen.

Moderne Variante des Circles of Life: Geburt – Ritalin – Valium – Viagra – Tod.

Wie gesagt, ich bin absolut kein Fachmann. Aber dieses “wir futtern eifrig Pillen, bringen den Hirnstoffwechsel durcheinander, wissen aber nicht, ob es hilft und was es anrichtet” finde ich ganz schlimm. Wenn man bei kleinen Kindern solche “Therapien” anwendet, empfinde ich das als Körperverletzung.

 Dezember 8th, 2010  
 Dompteuse  
 Erkärt mir die Welt, kunterbunte Arbeitswelt  
   
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30
Nov

Feel free

Am Sonntag konnte man ein merkwürdiges Ritual im Waschbärhaus beobachten. In regelmäßigen Abständen schleifte der Waschbär seine kreischende und um sich schlagende Dompteuse ins Bad und spülte ihr Ohr. Was war passiert?

Sonntag wachte ich auf – und hörte nichts. Also gar nichts, kein Rauschen, kein Klingeln – absolute Stille auf dem linken Ohr. Den Tag verbrachte ich damit, am Ohr rumzurubbeln, in der Hoffnung, das, was immer da drin sei, sich auflösen möge. Passiert ist nichts, bis der Waschbär beschloss, seine Zaubertropfen anzuwenden. Tropfen rein, warten, ausspülen – alles in Ordnung.

Geholfen haben drei Durchgänge nichts, außer einem Ohr, das sich anfühlte, als wäre eine Herde Elefanten drüber gelaufen.

Nach einem Tag halbtaub im Büro war ich soweit und besorgte mir einen Termin beim HNO. Selbst wochenlang übel verstopfte Nebenhöhlen brachten mich noch nie soweit. Aber so ein taubes Ohr ist übelst. Unfassbar, wie behindert man mit so einer Kleinigkeit ist. Kaum kam der Mini-Hochdruckreiniger zum Einsatz und das Hirn Ohr war ordentlich durchgespült, war ich geheilt! Was war das für ein wunderbares Gefühl! Ich bin immer noch so dermaßen dankbar, dass ich mich überhaupt nicht drüber beschwere, dass im prophylaktisch gespülten Ohr, tief, tief drinnen Wasser ist und das so nervig ist, dass ich beinahe versucht wäre, mir einen ganz, ganz bösen Q-Tip tief ins Ohr zu rammen.

And now for something completly different: Peter Christopherson starb mit 55. Und überall liest man nur “er starb friedlich im Schlaf”. Ist mir was entgangen oder lebe ich in einem Paralleluniversum? Ich dachte, sowas macht man frühstens 30 Jahre später?

23
Nov

Profi-Frage

An alle meine nerdigen Freunde da draußen: wie spricht man Adobe eigentlich korrekt aus? Auf Fachmenschen kann ich mich da irgendwie nicht verlassen, die wenden wie ich die 50:50 Regel an. Eine kleine Weile ähdobie und eine kleine Weile ähdohb aussprechen und sich immer ein kleines bisschen doof vorkommen…

 November 23rd, 2010  
 Dompteuse  
 Erkärt mir die Welt, Wunderbare Welt der Technik  
   
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21
Nov

Gerüchte

Ich liebe Patricia Cornwells Krimiheldin Kay Scarpetta, ich bin sozusagen Fan der allerersten Stunde. Nun soll der Stoff verfilmt werden. “Literatur”verfilmungen sind ja generell immer so eine Sache. Wenn man die Bücher beim Schauen vergisst, können sie schon ganz nett sein. Oder wie im Fall von “Aus Mangel an Beweisen” tatsächlich besser sein.

Beim Lesen hatte ich in der Rolle immer Helen Mirren vor Augen. Und Pierce Brosnan als Benton Wesley. Mit Annette Benning hätte ich auch noch leben können. Aber Angelina Jolie? Ich mag die Frau, aber als Kay Scarpetta?

 November 21st, 2010  
 Dompteuse  
 Erkärt mir die Welt  
   
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17
Nov

Fachfrauen

Bald steht mir die letzte Therapeutenstunde bevor. Ich kann jetzt so eine Krankheit nicht wirklich empfehlen, aber so eine Psychotherapie hat manchmal schon was. Nicht, dass es besonders geholfen hätte, aber spannend und witzig war´s jedes Mal.

Ich wusste mir einfach nicht mehr zu helfen und alle Welt schwört ja auf Psychotherapie. Nun saß ich also vor einem durch und durch ätherischen Wesen, das in unbekannten Sphären schwebte. Ich habe im letzten Jahr die komplette Waschbärkollektion gesehen (nein, nicht Kampfhose mit Calvin & Hobbes-T-Shirt, sondern die gefilzte Sorte).

Im Grunde bestand die Therapie darin, dass sich ein Fachmann anhörte, was ich mir so für Gedanken machte und meine neueste Strategie abnickte. Ich war ja total auf mich alleine gestellt, die Hausärztin war auf dem Antidepressiva-Trip, die Heilpraktikerin auf dem Entgiften-Trip und die Wunderheilerin war zumindest einen Versuch Wert. Im Grunde brauchte ich bloß Abstand und Zeit. Und natürlich ein radikales Umstellen meines Lebens. Das weiß ich jetzt, aber damals war ich da ein wenig hilfloser.

Jedenfalls bin ich treu und brav regelmäßig in die Praxis gepilgert und habe mir krampfhaft überlegt, was ich denn jetzt wieder erzählen soll. Die Sitzungen waren dann auch mehr Smalltalk als alles andere, bis die Gutste soweit wieder auf der Erde war, dass sie mich erkannt hat, dauerte ja schon alleine bald eine halbe Stunde.

Letztes Mal hat sie mich ganz begeistert angeschaut und gemeint “Das ist so eine Meisterleistung von Ihnen. Wie Sie da ganz alleine wieder herausgekommen sind! Immer den richtigen Instinkt gehabt und die richtigen Bücher und Denkansätze gefunden – ganz von alleine. Wirklich Hut ab!”. Das hat mich erst mal natürlich stolz wie Bolle gemacht. Was soll ich sagen, sie hat einfach recht. Und ist ja mal schön, wenn das auch jemand anders als man selbst feststellt. Hätte ich mir keine “Hilfe” (Hausarzt) geholt, wäre ich schon sehr viel früher wieder auf den Beinen gewesen. Und ich musste da alleine durch, weil ich entweder bei den falschen Ärzten war oder ein Spezialfall.

So im Nachhinein hat das Lob aber irgendwie einen Beigeschmack. Ist es nicht so, als hätte mich ein Chirurg dafür gelobt, dass ich meinen entzündeten Blinddarm ganz alleine auskuriert habe?

 November 17th, 2010  
 Dompteuse  
 Erkärt mir die Welt  
   
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