Waschbärdompteur

Aug
09

Oldie…

Da plage ich mich seit Wochen mit dem Altwerden, oder vielmehr -sein, herum. Heimlich, still und leise – und plötzlich ist das ganze Internet (na gut. Beim Nuf und den Kommentaren…) voll mit dem Thema!

Nun wacht man ja nicht morgens auf und ist schlagartig gebeugt, gekrümmt und wählt CDU. Das Altern ist so ein langsamer Prozess, dass man beinahe befürchten könnte, man könne es verpassen, nur um eines Tages tatsächlich schlagartig gealtert aufzuwachen.

Der erste Schock – graue Haare. Ich färbe mit Leidenschaft und Begeisterung meine Haare die komplette Farbpalette hoch und runter und das, seit ich 13 bin. Aus reiner Freude an Veränderung. Nun begab es sich – ganz plötzlich – dass ich keine Lust mehr auf ultrakurzen Raspelschnitt hatte, sondern die Mähne lang und immer längerer wachsen lies. Und weil lange Haare keine Experimente verzeihen und das ständige Färben keine Lust mehr machte, lies ich es sein (back to nature. Erstaunlicherweise lies die Lust auf grelles Make-up zur gleichen Zeit nach…). Mit dem Ergebnis, dass ich seit ich dreißig bin nachfärben MUSS, weil ich sonst tatsächlich grau bin!!

Nun kam der Grauhaarschock glücklicherweise zur gleichen Zeit, wie die Erkenntnis, dass ich eine ganze Körbchengröße mehr brauche, einfach so! Und als Ausgleich die verhassten Hamsterbäckchen wichen und meine Wangenknochen richtig gut betont wurden. Der Tausch hatte sich also gelohnt!

Das war erst mal alles und ich legte das Thema ad acta. Wenn man täglich den Waschbären um sich herum hat, der ein 5jähriger, gefangen im Körper eines Mittvierzigers ist und irgendwie auch so aussieht, lässt man sich gerne dazu hinreißen, daran zu glauben, ewige Jugend sei Einstellungssache.

Klar, die Azubine hat superschöne, ganz glatte Haut. Aber Falten habe ich ja auch noch nicht. Und logisch, der Bankfuzzi ist um einiges jünger. Aber der kann ja auch nur ganz kurz die Ausbildung abgeschlossen haben.

Und so insgeheim nahm ich mir immer vor, “wenn ich mal richtig erwachsen bin”, dann gehe ich regelmäßig zur Krebsvorsorge und zum Zahnarzt. Werde ich eine Lebensversicherung abschließen (oder eher, überhaupt eine Versicherung…) und einmal im Jahr drei Wochen Urlaub am Stück nehmen und pauschal verreisen. Ich trage immer anständige Schuhe, nicht nur im Winter und trage Jeans nur noch zum Putzen. Und vor allem wird mein Auto dann auch ständig sauber sein.

Bis mir auffiel, dass die ganzen Erwachsenen um mich herum gerade mal 5-10 Jahre älter sind als ich, und dass die, als ich sie kennen gelernt habe, so alt waren, wie ich jetzt. Und genau da wurde mir irgendwie ganz anders. Die ganze Nachdenkerei hat sogar so etwas wie eine Torschlusspanik ausgelöst. Langsam wird es ernst, was die biologische Uhr angeht. Aber ich habe keine! Wo nichts ist, kann nichts ticken – egal, wie sehr ich mich anstrenge.

Ich habe angesichts dieser sehr, sehr doofen Wasstimmtnichtmitmirphase beschlossen: alles ist gut, solange mein Hausarzt kurz vor scheintot ist und damit sehr viel älter als ich, solange die Teenies fragen “hast du mal eine Kippe für mich?” und solange das Auto der Lieblingskollegin auch nicht sauberer ist als meins.

 August 9th, 2012  
 Dompteuse  
 Am Rande des Blödsinns, Leben mit dem Waschbär  
   
 4 Comments

4 Responses to Oldie…

  1. ich werde montag 31 und freue mich eigentlich gefühlt schon ‘seit immer’ darüber, älter zu werden und mehr zu lernen und zu wissen und: selbstbestimmter zu sein. und werden. und. ach.

    UND: mein zahnarzt ist vermutlich nur max. 5 jahre älter als ich, von jugendlichen werde ich sehrsehr oft gesiezt, und mit der sauberkeit ist das bei mir so: ich habe zwei ziemlich zeitraubende hobbies. mein wohnung [auto, ... whatever] ist nicht so sauber und ordentlich wie die der meisten anderen. so what? peace, alter. dafür manage ich meine termine besser als so manch andere ;) . vergleichen ist doch sowieso blöd, oder?

    [angeblich sehe ich übrigens aus wie anfang/mitte 2o. das tröstet denn doch ein bißchen ;) .]

    • Auf´s Selbstbestimmtsein habe ich mich auch immer gefreut – und hat insofern noch nicht geklappt, als ich es immer noch nicht geschafft habe, fremdbestimmt zu sein. Also jedenfalls in den “wesentlichen” Dingen wie Lebensfühung :-)

      Dafür ist der Doc frisch von der Uni und kennst das Allerneueste ;-) Vergleichen tue ich mich selten, aber manchmal, manchmal schäme ich mich ganz heimlich für mein verdrecktes Vehikel. Aber SO viel freie Zeit, dass ich das mache, werde ich wohl in diesem Leben nicht mehr haben ;-)

      Also doch: Alter ist Einstellungssache :D

  2. Was mich anbelangt, so kann ich nur sagen, dass ich mit 20 ernsthafter, viel besorgter um meine Lebensführung und viel mehr darauf bedacht war, nirgends anzuecken, als ich es heute bin. Heute, mit in Bälde 49 Jahren, nehme ich es mit jedem auf, der mir dumm kommt, wage es, Träume zu haben und diese auch umzusetzen, und pfeife auf das, was andere über mich sagen. Habe ich früher solche Sätze aus dem Munde älterer Frauen für blankes Schönreden gehalten, so werde ich heute eines Besseren belehrt – und genieße meine neue Freiheit.

    Leseempfehlung: Julia Onken – Feuerzeichenfrau
    Beileibe keine Neuerscheinung, aber zeitlos gut.

    • Das mit dem bedachter sein auf andere als auf mich selbst habe ich auch schon festgestellt. Frau erkennt ihren Wert und ihre Rechte wohl wirklich erst nach den 20ern. Es ist nicht mal so, dass ich mir vieles nicht mehr gefallen lasse (was ich natürlich nicht mehr täte), sondern alleine durch meine Ausstrahlung vieles abgeschmettert wird. Das genieße ich sehr. Es ist ja nicht so, dass man unfreundlich werden würde, aber einfach bestimmter, selbstsicherer.

      Danke für den Lesetipp, das werde ich mir “für Später” aufschreiben. Obwohl ich in meiner Schwiegermutter das Ideal dieser Lebensphase vor mir habe – bewundernswert, was sie in den letzten Jahren alles in Angriff genommen hat!

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