Waschbärdompteur

Jan
08

Der menschliche Makel

“Politiker” ist ein Euphemismus. “Enddarmbewohner der Wirtschaft” ist nämlich zu lang. Deutschland ist längst unter diversen Interessenverbänden aufgeteilt und die Kunst, Politiker zu sein besteht darin, den Wähler glauben zu lassen, der/die Gewählte würde sich um das Wohl des Landes sorgen. Im Grunde braucht ein Politiker nur eines zu tun, sich ruhig verhalten. Die Lobbyisten verdeutlichen, was sie brauchen, der Politiker setzt das um und verkauft es nach Außen als politische Entscheidung. Irgendwann ist diese Probezeit vorbei und dann beginnt das wahre Leben – als Vorstandsmitglied beispielsweise.

Nun gibt es ein Amt, das quasi über den diversen Interessen und dem Filz stehen soll. Ein Amt, dessen Hauptanliegen das Repräsentieren ist. Das des Landes, das des Schutzes der Verfassung, kurz ein Grüßaugust. Andere Länder haben da mehr Glamour und leisten sich ein Königshaus, wir haben einen Bundespräsidenten. Die Idee, ein Organ im Staat zu haben, das über dem üblichen Wahlkampfpathos steht, ist ansich eine schöne. Jedenfalls, solange dieses Amt so bekleidet wird, wie das in seinem Sinne ist. Übel wird es, wenn die Politik dort Einzug hält. Oder noch schlimmer, Dummheit. Dann nämlich wird es tragisch. Sehr tragisch.

Es ist eine Tatsache, dass es Vorteile hagelt, je größer man ist. Die Arztfrau bekommt fürs gleiche Geld beim Metzger ein größeres Schnitzel als die Schuhmachersfrau, mein Dispo wird seit Jahren ständig erhöht, als jedoch der Waschbär berufsunfähig wurde, von der BfA aber nicht so schnell Geld kam, als benötigt, wurde sein Dispo kurzerhand fristlos gekündigt, ein neues Riesenunternehmen für Millionen zu gründen ist sehr viel einfacher, als einen Gründerkredit für eine einfache Handwerkerfirma zu bekommen, mit Presseausweis ist ein Auto billiger, als ohne… Wer groß ist, entscheidet keine feste Größe, sondern die Wahrnehmung des Gegenübers. Eigentlich gelten Gesetze, Vorschriften oder moralische Ansprüche für jeden, werden aber je nach Fremdwahrnehmung mehr oder weniger strikt angewandt oder auch verlangt. Wenn meine Kollegen oder ich zu Weihnachten eine Flasche Wein bekommen, nehmen wir die über 10 Euro nicht an. Das Gleiche gilt nicht bei Jahresgehältern jenseits der Vorstellungskraft. Keiner macht sich darüber groß Gedanken. Ist eben so. Ich bin mir sicher, bei jedem, der ein politisches Amt bekleidet, gibt es den einen oder anderen Punkt, der zumindest fragwürdig ist.

Im Grunde ist es mir persönlich wirklich scheißegal, wer wo bei wem Urlaub macht. Mein persönliches Pech, dass meine Freunde alle nur eine Wohnung haben, nämlich die, in der sich wohnen, und die alle in der näheren Umgebung sind. Wäre ich neidisch, würde mich das vielleicht stören, ich jedoch bin über jeden einzelnen Freund/in glücklich und bin mir nicht sicher, ob ich jemanden, der mit schleimigen Schneeballdrückerbandenchefs Urlaub machen muss nicht doch eher bemitleiden sollte.

Es gibt an der ganzen Affäre Wulff eines, das mich wirklich sprachlos macht. Die Medien. Letztes Jahr hatte ich noch Hoffnung, die Blöd würde da hinverschwinden, wo sie hingehört, in den selben Orkus, in dem auch die ganzen anderen überflüssigen Druckerzeugnisse verschwunden sind. Die Leserzahlen sanken, Frau Holofernes sagte umjubelt ihre Meinung und die Leser fanden viele Aktionen nicht so gutt, wie Diekmann das gerne gehabt hätte. Nichts mehr mit Meinungs- und Königsmacher. Und nun das. Der Coup des Jahrtausends. Springer und ihr Aushängeschild in der Opferrolle des verkannten Aufklärers. Kein Tag vergeht, an dem nicht entweder Verlag, Chefredakteur oder Blatt erwähnt werden und zwar quer durch die mediale Landschaft.

Und hier sind wir wieder am Anfang. Hätte der Präsident die Größe, die dieses Amt erfordert, wäre das Ganze nicht passiert. Wer wutentbrannt ausgerechnet Diekmann auf die Mailbox wulfft, disqualifiziert sich durch Dummheit. Schon alleine das hätte nicht passieren dürfen. Und anstatt dass er dann wenigstens die einzige Konsequenz ziehen würde, die noch etwas hätte retten können, bleibt er im Amt kleben und liefert eine dermaßen quälend selbstmitleidige Posse zur besten Sendezeit, dass mir vor lauter Fremdscham immer noch ganz übel ist.

Wenn diese Nummer das Machtgefüge in Deutschland ändert, dann bitte zum Guten. Schafft diese Farce von Amt ab. Schafft den momentanen Amtsträger ab. Und schafft die Blöd ab!

Ach, falls das  jemand liest, der Wulff kennt: wie genau sieht Krieg mit der Blöd aus? Eine Kriegserklärung sollte dem Anderen doch Angst machen? Wo ist hier die Drohung? Nie wieder Homestorys?

 Januar 8th, 2012  
 Dompteuse  
 Erkärt mir die Welt  
   
 10 Comments

10 Responses to Der menschliche Makel

  1. Ich empfehle Kalkofes Umgang mit dieser Thematik:

    http://youtu.be/dL2T30O2NQs

    (heute entdeckt)

  2. Unterschreib ich. Sofort. Ohne wenn und aber. Ganz genau meine Meinung. (Ich konnte es nur nicht so schön formulieren.)
    Danke dafür!

  3. Geniale Idee, Wulff sozusagen als Kollateralschaden dafür abzusägen, die BILD abzuschaffen, das gefällt mir immer besser, je länger ich drüber nachdenke. War das vielleicht der geheime Plan ?-)

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