In den letzten Tagen ist mir etwas sehr Merkwürdiges aufgefallen. Ich dachte, in all der Zeit, in der ich mich mit meiner Erziehung beschäftigt habe, in der ich also herausgefunden habe, dass nicht alles „normal“ lief und mir mühselig erst erlauben musste, dass auch zuzugeben, in der ich mich damit beschäftigt habe, mir über die Konsequenzen für mein jetziges Sein und Handeln klar wurde, hätte ich damit gleichsam alles überwunden und würde Stück für Stück freier – in Denken und Handeln.
In meiner Wahrnehmung von Psychologie und Therapie war es so, dass Erkenntnis quasi mit „Heilung“ oder Verarbeitung fest verknüpft war. Ein theoretischer, intellektualisierter Prozess.
Was ich – und das ist das Schockierende für mich – schlichtweg übersehen habe ist, dass ich im Prinzip genau die gleiche Schiene fahre, auf der ich schon immer gefahren bin. Nur eben auf anderer Ebene. War ich die ersten 32 Jahre meines Lebens immer von der psychischen Verfassung meiner Mutter abhängig, war ich es die letzten beinahe 4 Jahre von etwas übergeordnet Nebulösem. Und genauso diffus und subtil, wie es der Druck meiner Mutter war ist auch dieses Nebulöse. Je nach Tagesform war das Wetter, das Universum, mein Unterbewusstsein, … schuld daran, dass ich einfach nicht fit und gesund wurde. Fakt war: ich hatte ständig etwas Neues. Hexenschuss, Grippe, Erkältung, komischer Virus, Kreislauf… Kaum war das Eine überstanden, kam das Nächste. Und weil man eben gegen Viren machtlos ist, konnte ich nichts dagegen tun. Man kann sich selbst viel Gutes tun, aber wenn man Fieber und Matschbirne hat, will man eben nicht spazieren gehen, sondern nur schlafen. So als Beispiel jetzt.
Früher™ durfte ich nicht glücklich, selbstbestimmt, gesund und fröhlich sein, weil das a) ein Ich bedeutet hätte und b) meine Mutter unglücklich gemacht hätte [diffus insofern: war ich krank, war sie erst recht unglücklich. Ich hätte ein Drehbuch erfüllen sollen, das ich nicht kannte. Aber es war nun mal so, dass jede Freude - Lebhaftigkeit - von mir – noch im Kleinkindalter – so dermaßen negativ bewertet wurde, dass ich lernte, mich eben nicht zu freuen.]. Die Mutter fiel weg, ich wurde mir dieses Mechanismus´ bewusst – und wurde trotzdem nicht gesund. Dass ich mir das selbst erlauben muss, dass ich mich von gar nichts abhängig machen muss, sondern selbst für mich verantwortlich bin und deshalb sein darf, das musste mir erst tatsächlich holzhammermäßig bewusst werden.
Und – jetzt gerade aktuell – wieder diese Falle. Ich dachte eigentlich, mich hätte ein Virus erwischt. Weil so zittrig und übel, das kann ja nur krank sein. Dass ich mich tatsächlich gerade auf etwas freue, das fiel mir heute Morgen wie Schuppen von den Augen und hat mich erst mal fassungslos gemacht. [Ich bestelle freitags ein Auto, das ich eine Woche später abholen kann. Einen Tag später erwischt mich dieser Virus. Da kann doch kein Zusammenhang bestehen, außer dem, dass mir die Freude wieder einmal verleidet wird und ich Bammel habe, so fit zu sein, um das Teil sicher heimzubekommen.]
Ich weiß, dass ich immer körperlich reagiere, wo Gefühle sind. Ich weiß, wo das herkommt. Ich weiß es verdammt nochmal. Aber nicht mitbekommen, dass man sich freut ist schon eine harte Nummer. Freude als Krankheit zu interpretieren und sich dadurch Stress zu machen, ist eine noch härtere Nummer. Irgendwie nutzt mir dieses ganze Wissen einen alten Käse.