Waschbärdompteur

Jun
03

Glaube verbindet

Heute haben wir die kleene Punkmaus gewaschen getauft. Und man sollte meinen, das würde nur bei ihren Eltern für Stress sorgen. Weit gefehlt! Frau will schließlich gut aussehen. Und das Häuschen schön haben. Und weil andere Dinge viel mehr Spaß machen, als Putzen oder Einwirkzeiten zu beachten, kommt frau schon mal in Stress. Glücklicherweise gibt es Multitasking. Staub wischen und dabei eine Packung einwirken lassen. Oder Wäsche waschen, Geschenke einpacken und dabei verhindern, dass sich die Katzlinge bei der Jagd nach Geschenkband so hoffnungslos verheddern, dass man sie mit verschenken muss.

Dann der Tag der Taufe. Zu unmenschlich früher Zeit aufstehen und versuchen, den komatösen Waschbären wach zu bekommen, der nur drei Stunden Schlaf abbekommen hat (“ich habe nicht zu lange gespielt. Ich konnte nur nicht aufhören.”). Dass auch der Himmel nichts mit Frühaufstehen am Hut hat, zeigte deutlich ein Hammergewitter direkt über uns. Überflüssig zu erwähnen, dass uns auf unserer Fahrt an den Ort des Geschehens tatsächlich absolut niemand begegnet ist. Gar niemand.

Nun ja. Das wahre Highlight des Tages wartete ja noch auf uns. Die Kirche. Irgendwie sehr interessant, dass nicht wir drei Ketzer, die die Wartezeit mit fiesen Sprüchen und noch fieserem Gelächter überbrückt hatten beim Eröffnungschoral synchron erschreckt zusammenfuhren, sondern die Kirchenmitglieder vor uns. Protestantische Kirchenfeiern erschrecken mit Ex-Katholiken immer wieder. Ich bin es gewohnt, dass beispielsweise bei Beerdigungsgottesdiensten zwei Stunden lang beerdigt wird. Mit Pomp und Firlefanz. Ebenso natürlich bei Hochzeiten und Taufen. Bei den protestantischen Taufen verpasse ich regelmäßig das Getaufe (außer logischerweise als Patin), weil das im allgemeinen Gottesdienst unter geht.

Nun kann man ja so einen Gottesdienst so oder so zelebrieren. Die Chance zu nutzen, dank dreier Täuflinge samt Anhang endlich mal wieder eine viertelvolle Kirche zu haben, um kräftig mit dem Holzhammer zu missionieren, ist eine besondere Art. Ein Katholik hätte wenigstens noch für Show gesorgt, mit Androhung von Höllenfeuer und Verdammnis. Mit dem Einsatz der kompletten klerikalen Wundertüte wie Messdiener und Glöckchen, Ministranten und vor allem Weihrauch hätte das ja noch einen gewissen Unterhaltungseffekt geboten. Der Pastor erklomm (merkwürdigerweise nicht in schwarzem Talar und Beffchen, sondern mit weißem Gewand und buntem Schal angetan) die Kanzel und schwadronierte gefühlte Stunden darüber, dass Kirchenaustritte nicht so schön sind. Und dass man ganz einfach (wieder) in die Kirche eintreten kann. Und dass aus-der-Kirche-ausgetretene irgendwie Menschen zweiter Wahl sind. Weshalb diese auch nicht Taufpaten sondern nur -zeugen werden dürfen. Wer in unserer Gruppe das war, erkannte man an seinem roten Kopf. Währenddessen gab es nichts, das einen wenigstens optisch abgelenkt hätte. Und einschlafen war nur dem völlig übermüdeten Waschbären möglich, der Rest litt unter den unbequemsten Kirchenbänken der Welt (wahrscheinlich Spenden aus Guantanamo oder so). Den Abschluss der… äh… Predigt bildete dann sein Bericht über die Beerdigung eines 20jährigen vorgestern. Denn Sinn verstand niemand, aber die wohlige Stimmung, die die Anwesenhheit von drei Säuglingen in Taufdressen in einer Kirche so mit sich bringt, war dahin. Dieses Missionieren und… äh… predigen hatte aber einen sehr verbindlichen Effekt. Normalerweise nickt man sich nach erfolgreicher Taufe nur zu und verkündet lächelnd “war schön!” und geht seiner Wege. So standen Menschenmassen vor der Kirche, ereiferten sich darüber und hörten auch lange danach nicht wieder auf. Und nicht nur wir wären beinahe aufgestanden und gegangen, sondern auch die weltbeste Freundin, immerhin die Mutter der kleenen Punkmaus.

Wie auch immer, irgendwann hat alles ein Ende und man kann endlich das tun, was mit den Stunden immer dringlicher wurde. Rauchen, aufs Klo gehen und etwas viel essen. Und diese Taufe wird allen Beteiligten (mit Ausnahme der Hauptperson) wirklich für immer im Gedächtnis bleiben.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>

*